Ein Faktor, der bei beruflicher Unzufriedenheit gerne mal übersehen wird, ist der Boreout. Schon mal davon gehört? Denn während es normal zu sein scheint über den stressigen Job und die vielen Überstunden zu klagen, hört man doch eher selten Aussagen wie: „Ich langweile mich in meinem Job zu Tode“ oder: „Ich habe keine Ahnung, wie ich die acht Stunden im Büro heute wieder rumkriegen soll“.
Dabei ist der Boreout, wie man den Zustand der chronischen Unterforderung nennt, gar nicht so selten. Einer Stressstudie der Techniker Krankenkasse zufolge fühlten sich 2021 zehn Prozent der befragten Arbeitnehmer/innen in Deutschland unterfordert. Boreout ist quasi das Gegenteil vom Burnout, jedoch mit ähnlichen Symptomen. Denn egal ob unter- oder überfordert, beide Zustände lösen Stress aus und der ist dauerhaft schädlich.
Was ist Boreout?
Natürlich ist zwischendurch ein bisschen Leerlauf im Arbeitsalltag nicht bedenklich. Auch leiden nicht automatisch alle Menschen an einem Boreout, die keine großen Karriereambitionen verfolgen. Was uns aber zu schaffen macht, ist, wenn wir tagtäglich gelangweilt und unterfordert sind in unserem Job.
Unterscheiden kann man zwischen zwei Boreout-Varianten:
- Fachliche Unterforderung: Wenn man über mehr Qualifikationen und Fähigkeiten verfügt, als der Job erfordert und somit das eigene Potenzial ungenutzt bleibt.
- Zeitliche Unterforderung: Wenn einfach nicht genug Aufgaben da sind, um den Arbeitstag zu füllen.
Das Problem mit dem Boreout
Von außen ist ein Boreout oft nicht zu erkennen. Denn Betroffene unternehmen viel um weiterhin beschäftig zu wirken. Sie ziehen Tätigkeiten in die Länge oder machen Überstunden, um zu verbergen, dass sie eigentlich nur wenig zu tun haben.
Die ständige Unterforderung macht uns deshalb so zu schaffen, weil sie im Widerspruch zu unserem Grundbedürfnis nach Weiterentwicklung steht. Jeder Mensch möchte wachsen und sich weiterentwickeln. Steht im Job jedoch die Langeweile im Vordergrund kann sich ein Gefühl der Sinnlosigkeit einstellen. Der Frust steigt, das Selbstwertgefühl sinkt. Allgemeine Unlust macht sich breit und mit Blick auf die viel beschäftigen Kollegen/innen können Schuldgefühle entstehen. Man schämt sich für die eigene Untätigkeit.
Aus verschiedenen Gründen ist es jedoch ein großes Hemmnis die Unterforderung anzusprechen. In erster Linie drehen sich die Gedanken um die Fragen: „Was wird passieren?“ und „Wie wird mein/e Vorgesetze/r reagieren?“. Verschiedene Szenarien werden gefürchtet. Etwa: „Werde ich meinen Job verlieren, wenn ich zugebe, dass ich zu wenig zu tun habe? Wird man meine Stelle streichen?“ Oder das andere Extrem: „Werde ich künftig mit Aufgaben zugeschüttet und kann ich das dann stemmen?“ Aus Angst vor der Ungewissheit und der Sorge, die Situation zu verschlimmern, akzeptieren viele weiter die Langeweile und geraten in den Boreout.
Anzeichen für ein Boreout
Du bist dir nicht sicher, ob du an einem Boreout leidest? Schaue dir die folgenden Statements einmal an. Findest du dich in mehrere davon wieder?
Was kann ich gegen Boreout machen?
Als Betroffene/r ist die große Frage ja, sage ich es meinem/er Chef/in? Und wenn ja, wie? Hier ein paar Tipps dazu:
- Bevor du in das Gespräch gehst, kannst du Vorschläge sammeln, was man verändern könnte. Aber auch ohne Ideen und Lösungen kannst du das Thema ansprechen.
- Gerade wenn man neu in einem Job ist oder die Position innerhalb des Unternehmens gewechselt hat, kann es passieren, dass unterschiedliche Ziele und Erwartungen daran geknüpft sind. Das kann eine Ursache für Langeweile und Unterforderung sein und ein Grund mehr Vorstellungen abzugleichen.
- Du hast Angst nach dem Gespräch mit Aufgaben zugeschüttet zu werden? Kein Problem! Auch das kannst du natürlich wieder ansprechen.
- Deine Vollzeitstelle ist eher eine Teilzeitstelle? Wenn du grundsätzlich mit deinem Job, deinen Kollegen/innen und dem Unternehmen zufrieden bist, ist vielleicht auch die Reduzierung deiner Arbeitszeit eine Lösung? Achte dabei auf jeden Fall auf die Konditionen. Hier kannst du dich mehr zum Thema „Downshifting“ informieren.
- Mach dir bewusst, dass Führungskräfte oft dankbar für Feedback sind, da sie selbst nicht immer alles im Blick haben. Sag einfach, du hast zurzeit noch Kapazität oder Lust auf ein neues Projekt/andere Aufgaben. Je früher du dieses Gespräch führst, desto einfacher. Im Zweifel hält man dich für motiviert.
- Mach dir klar, dass das Gefühl ein unangenehmes Gespräch mit deinem/er Vorgesetzten zu führen nicht so lange anhält, wie einen Job im Zustand der Langeweile und Unterforderung weiter auszuüben. Indem du aktiv wirst, bekommst du Kontrolle über die Situation. Entweder dir wird Verständnis entgegengebracht und es wird nach Lösungen gesucht. Oder das ist nicht der Fall und du hast dann Klarheit, dass das Arbeitsumfeld dir nicht gut tut und du dir besser was anderes suchst.
- Du bist dir nicht sicher, ob dein Boreout nur ein temporärer Zustand ist (wegen Projektflaute, Auftragsrückgang, Sommerloch, etc.) oder dauerhaft? Dann beobachte die Situation bis zu einem bestimmten Zeitpunkt und wenn sich bis dahin nichts verändert hat, gehe das Thema an.
- Als letzter Hinweis: In manchen Fällen ist es kein Zufall, dass Mitarbeiter/innen unterfordert sind. Das Entziehen von Aufgaben oder das Verteilen von belanglosen Tätigkeiten kann auch gezielt eingesetzt werden, um Mitarbeiter/innen zu demotivieren, so dass sie freiwillig ihren Arbeitsplatz aufgeben. Das muss nicht so sein, aber wenn du den Verdacht hast, dass dies der Fall sein könnte, ist das eine ganz andere Ausgangslage mit der anders umzugehen ist.
Natürlich liegt die Verantwortung nicht allein auf Arbeitnehmerseite. Auch Arbeitgeber können ihren Teil beitragen.
- Das Wichtigste ist, dass Arbeitgeber eine Kultur des offenen und vertrauensvollen Umgangs miteinander fördern. Egal welches Problem, man sollte es ansprechen können, ohne negative Konsequenzen zu fürchten.
- Führungskräfte sollten außerdem darauf achten, dass Aufgaben im Team gleichmäßig verteilt werden und den jeweiligen Qualifikationen der Mitarbeiter/innen entsprechen.
- Boreout-Probleme können außerdem durch Präsenzpflicht am Arbeitsplatz entstehen oder verstärkt werden. Das Gefühl Leerlauf (der hin und wieder ja normal ist) oder auch mal unproduktivere Tage am Arbeitsplatz absitzen zu müssen und dabei „beobachtet“ zu werden raubt viel Eigenständigkeit. Meiner Meinung nach sind Unternehmen gut darin beraten, wenn sie Arbeitszeit von Arbeitsleistung lösen.
Zu merken, dass man im Job unterfordert ist, sich langweilt und die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit in Frage stellt, ist keine Schande. Im Gegenteil! Es ist eine wertvolle Erkenntnis, die nach Veränderung schreit. Wenn du dir dabei Unterstützung wünschst, vereinbare doch ein kostenloses Erstgespräch und wir lernen uns kennen!