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Wie Grenzen setzen und Zufriedenheit im Job zusammenhängen

Frag dich einmal selbst: Kannst du gut Grenzen setzen? Kannst du auch mal „nein“ sagen? Kommt es vor, dass du Dingen zustimmst, die du eigentlich nicht möchtest? Machst du dich und dein Wohlbefinden zur Priorität?

Ich gehörte lange Zeit zu den Menschen, die sich, wenn sie krank waren, gefragt haben, ob sie auch krank genug sind, um zu Hause zu bleiben. Mit Migräne habe ich mich vor den PC gesetzt, obwohl ich durch die Aura kaum was sehen konnte. Ich war monatelang schwer erkältet, habe mich aber nicht auskuriert, weil ein wichtiger Dreh anstand. Vielleicht kennst du solche oder ähnliche Situationen? Ungewissheit, die man durch die x-te Firmen-Umstrukturierung aushält. Der Sportkurs, den man ausfallen lässt, weil ein wichtiger Abgabetermin ansteht. Den Job, den man schon seit Monaten für zwei macht, weil zwar genug Arbeit aber kein Budget da ist. Die Verantwortung, die man übernimmt, obwohl sie sich weder im Jobtitel noch im Gehalt widerspiegelt.

Was hat all das mit Grenzen setzen zu tun und warum ist das so wichtig?

Ohne Frage riskiert man mit einem solchen Verhalten einen Burnout. Darauf sei hingewiesen, darum soll es hier aber nicht gehen. Denn neben der Gesundheit, leidet die Zufriedenheit an mangelnden Grenzen. Wie das? Grenzen sind ein Signal für andere, wie du behandelt werden möchtest. Es sind deine Erwartungen und Bedürfnisse. Also das, was du brauchst, um dich sicher und wohl zu fühlen. Überschreiten wir unsere Grenze, verlassen wir unsere Komfortzone. Im negativen Sinne. Wir leisten an einem Arbeitstag beispielsweise mehr, als unsere Ressourcen es zulassen. Wir opfern unsere Zeit, unsere Ausgeglichenheit, unsere Energie, für…. Ja für was eigentlich? Um Mitarbeiter/in des Monats zu werden? Vielleicht. In der Regel aber eher, um nicht zu enttäuschen. Um nicht den Eindruck zu vermitteln, man würde nicht genug Einsatz zeigen, wenn man mit Schnupfen zu Hause bleibt. Weil wir Angst haben, unseren Job zu verlieren, wenn wir pünktlich Feierabend machen. Aus Sorge vor der Reaktion auf die Frage nach mehr Gehalt.

Warum fällt es uns schwer Grenzen zu setzen?

Ganz platt: Wir scheuen uns zu sagen, was wir möchten und was nicht, aus Angst, dass jemand böse auf uns wird. Uns erscheint das Risiko unsere Kollegen/innen oder unsere/n Chef/in gegen uns aufzubringen als zu groß. Was ist, wenn wir die Situation oder die Beziehung dadurch verschlimmern? Statt uns dem kurzfristigen Unbehagen eines eventuell unangenehmen Gespräches auszusetzen, tolerieren wir weitere Grenzüberschreitungen.

Frage dich einmal, ob du unangenehme Gespräche vermeidest, weil du folgende Überzeugungen hast:

  • Dem anderen ist es egal.
  • Er/Sie wird meinem Wunsch nicht nachkommen.
  • Er/Sie wird mich nicht ernst nehmen.
  • Er/Sie wird mich nicht verstehen.
  • Es wird nicht helfen.
  • Ich möchte nicht unhöflich sein.

Es ist ein Teufelskreis, der zunehmend erschöpfend, aber auch frustrierend ist. Wir geben 180 Prozent im Job, bekommen unter Umständen dafür aber keine Wertschätzung oder Anerkennung. Wir fühlen uns nicht gesehen in dem, was wir tagtäglich leisten. Und das macht unzufrieden. Insgeheim hoffen wir nämlich, dass jemand unsere Aufopferung sieht und uns die Erlaubnis gibt, mal einen extra Tag Urlaub zu nehmen. Das wäre schön. Darauf sollte man aber nicht hoffen.

Zum einen, weil je nach Abteilungsgröße dein/e Vorgesetze/r nicht unbedingt ein Überblick über das Arbeitspensum eines jeden einzelnen hat. Auch ist nicht jeder Mensch empathisch oder hat ein feines Gespür für Menschen und sieht unter welcher Arbeitslast du stehst. Grundsätzlich können andere Menschen nicht deine Gedanken lesen. Du kannst nicht davon ausgehen, dass andere wissen, was du möchtest. Um deine Standards zu halten, musst du sie also kommunizieren.

Zum anderen, profitieren andere davon, dass du keine Grenzen setzt. Du schiebst noch ein paar Überstunden, um die Präsentation fertig zu machen? Klasse, denkt sich der/die Kollege/in, auf dich ist Verlass und macht Feierabend. Neue Mitarbeiter/innen einstellen? Hält der/die Chef/in für nicht nötig, wenn die Arbeit auch so erledigt wird. Es ist nicht unbedingt im Interesse anderer, auf deine Grenzen zu achten. Das ist deine Aufgabe!

Woran erkennst du, dass du eine Grenze setzen musst?

Wann immer du Unbehagen empfindet. Das kann sich in Form von Ärger, Groll, Erschöpfung oder Frustration äußern. Auch solltest du nicht erst auf den Burnout warten, um deine Grenzen zu kommunizieren. Bevor du dich jahrelang aufreibst, auspowerst und deine Unzufriedenheit und dein Groll immer größer werden, sprich frühzeitig an, was dir auffällt. Sprich auch vermeintliche Kleinigkeiten an, bevor sich etwas anstaut und später zu einem größeren Problem wird.

Kündigung – mutiger Schritt oder letzter Ausweg?

Warum ist es so wichtig auch vermeintliche Kleinigkeiten sofort anzusprechen? Ganz einfach, weil es wahrscheinlich ist, dass deine Grenzen immer wieder überschritten werden, wenn du sie nicht mitteilst. Und dann summiert sich dein Ärger. Auch das Gefühl nicht genügend Anerkennung und Wertschätzung für deinen Einsatz, deine Loyalität und Zuverlässigkeit zu erhalten steigt. Man fühlt sich immer weniger gesehen, obwohl man doch so viel gibt. Bevor du also irgendwann die Reißleine ziehst und kündigst, weil du nicht mehr kannst oder weil du keine Perspektive siehst, frage dich einmal:

  • Konnte dein/e Chef/in oder deine Kollegen/innen von deinen Problemen wissen?
  • Auf welche Weise trägst du zu der Situation bei?
  • Was kannst du machen, um die Situation besser zu machen?
  • Hast du versucht eine Grenze zu setzen?
  • Hast du deine Grenzen aufrechterhalten? Warst du konsequent?
  • Ist dir so geschadet worden, dass es nicht mehr gut zu machen ist?
  • Ist dein/e Chef/in oder sind deine Kollegen/innen bereit, die Situation zu verbessern?
  • Gibt es etwas an der Situation, das noch gut ist?

Werden deine Grenzen wiederholt oder konsequent missachtet, ist es Zeit sich nach Alternativen umzuschauen. Denn dann scheint es wirklich kein gesundes Arbeitsklima zu geben, bzw. es läuft strukturell etwas gehörig schief.

Wie setzt du Grenzen?

Grenzen setzt man durch eine Kombination aus Kommunikation und Aktion. Wer dem/der Chef/in eine Standpauke hält, weil das Arbeitspensum so hoch ist und man nie pünktlich Feierabend machen kann und am gleichen Tag als letztes das Büro verlässt, scheint es nicht sehr ernst mit seinen Grenzen zu nehmen. Konsequenz ist beim Grenzen setzen sehr wichtig. Verhalte dich entsprechend dem, was du sagst. Achte also auch selbst darauf, dass du deine eigenen Grenzen respektierst. Denn wenn du deine Grenzen nicht aufrechterhältst, tun es andere auch nicht.

Formuliere deine Grenzen in Ich-Botschaften:

Ich will…

Ich möchte…

Ich hätte gerne…

Ich erwarte…

Ich brauche…

Vermeide es dich für deine Grenzen zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Auch das sendet widersprüchliche Signale und wirkt eher als würdest du um Erlaubnis fragen.

Mehr zu dem Thema findest du im Buch „Grenzen machen uns frei“ von Nedra Glover Tawwab, was ich wärmstens empfehlen kann.

Wenn du nach lesen des Artikels merkst, dass dies ein Thema von dir sein könnte, scheue dich nicht dir Unterstützung zu holen. Gerade der Perspektivwechsel durch ein Coaching kann sehr hilfreich sein, um Muster zu durchbrechen und sich künftig anders zu verhalten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten mit mir zusammen zu arbeiten, schau doch einfach mal, ob was für dich dabei ist.

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